Der zersägte Berg

Wenn man nicht weiß, daß man himmelwärts sehen muss, um Monserrat zu sehen, würde man das Kloster beinahe übersehen. Wie an die grauen Felswände geklebt sehen die Gebäude aus.
Begonnen hat die christliche Geschichte an diesem Berg mit der „Schwarzen Jungfrau von Montserrat“, einer Muttergottes-Statue. Die ältesten Spuren reichen bis ins 8, Jahrhundert zurück. Die „Moreneta“, wie sie hier genannt wird, ging in den Wirren der Zeit mehrmals verloren und wurde wiedergefunden, manchmal nicht ganz in ihrer ursprünglichen Gestalt. In jedem Fall: Die heute verehrte Statue ist eine romanische Holzplastik aus dem 11. Jahrhundert. Eine sitzende Madonna mit ihrem Kind, Gesicht und Hände tiefbraun gefärbt. Die Farbe, der sie ihren Namen verdankt, stammt wahrscheinlich vom Ruß der Millionen von Kerzen, die im Lauf der Jahrhunderte vor ihr entzündet wurden.
Man erzählt, daß Hirten diese Statue im Jahr 1025 in einer Grotte gefunden haben, in der sie vor den Mauren versteckt war. Als man die Statue mit einem Ochsenwagen nach Manresa bringen wollte, traten die Ochsen auf halbem Weg in den Streik. Auf dieses „göttliche“ Zeichen hin gründete man an dieser Stelle ein Kloster. Bis heute wird hier eine besondere Tradition der sakralen Musik geprägt. Hier besteht der älteste Knabenchor der Welt, gegründet im 13. Jahrhundert. Jeden Mittag singt der Chor in der großen Kirche das Salve.
Aber die Geschichte des Berges ist schon viel älter, als die Geschichte der Christianisierung in Spanien. Es war schon immer ein mystischer Platz, angeblich stand am Platz der heutigen Basilika ein Venus-Tempel. Die Christen kamen, und setzten ihren Gott in den heidnischen Tempel. Gottes Stellvertreter am Montserrat ist die wundertätige Madonna, und Ihr werden auch durchaus „handgreifliche“ Wundertaten zugeschrieben: So soll sie Kaiser Ferdinand III. von Österreich im Jahr 1639 bei seinem Sieg über Gustav Adolf den Schweden geholfen haben. Ferdinands Dank, drei mit Rubinen besetzte goldene Kelche, stehen heute im Klostermuseum. Die Legenden über die Heilige Jungfrau von Montserrat sind Legion, und viele hören nichteinmal heute auf, daran zu glauben. Täglich windet sich eine ewig lange Menschenschlange über die enge Wendeltreppe hinauf zur Kapelle, um vor der Madonna niederzuknien und mit den Lippen die hölzerne Weltkugel zu berühren, die sie in der rechten Hand trägt.
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erschienen in „Ambiente – die Kunst des Reisens“ auf Radio Österreich 1